28.5.15, Uraufführung von "A1 – Ein Stück Schweizer Strasse", Zürich ,Schauspielhaus (Pfauen).

Truppenbesuch – Mike Müller inspiziert die Schweizer Armee

TruppenbesuchBesser

«Truppenbesuch – Mike Müller inspiziert die Schweizer Armee» ist nach «Elternabend – Mike Müller migriert in die Schule» die zweite Expedition in eine eidgenössische Parallelgesellschaft. Seit der Initiative über die Abschaffung der Armee 1989 ist die Truppe massiv geschrumpft. Mike Müller, sein Bruder, der Journalist Tobi Müller, und der Regisseur Rafael Sanchez wollten wissen, was die Kontrahenten von damals heute sagen, wie sich die aktuelle Armee begreift und was das für das Selbstbild der Schweiz bedeutet, deren vielleicht letzter Kern die Milizarmee ist.

Gestaltung: Emanuel Tschumi | Download PDF

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Unserem Armeeabend liegen 37 Interviews zugrunde – mit Rekruten, Soldaten, ihren Partnerinnen, Offizieren, Historikern, Journalisten, einem Politiker, einem Schriftsteller, einem Kabarettisten, einer Modemacherin und einem Wachtmeister a.D.. Getippt ergab das knapp 500 A4-Seiten in einer kleinen Schrift und viel Videomaterial, da alle Gespräche von Elvira Isenring, unserer Videastin, gefilmt wurden. Fast noch einmal soviel Papier und Daten kamen zusammen nach der Suche in den elektronischen Archiven des hiesigen Pressewesens und auf den Mikrofilmen der Zentralbibliothek Zürich. Viel Spaß bereitete auch der Gang in die Videodokumentation des Schweizer Fernsehens. Doch wir arbeiten weder wissenschaftlich noch journalistisch. Uns interessieren weder die bündige These noch die schnelle Schlussfolgerung, sondern die Übersetzung in eine objektivierende Kunst.

Bei aller Nähe zum Gegenstand (die Armee hat uns keine Steine in den Weg gelegt): Theater ist eine Kunst, die aus der Distanz erzählt. Hinzu kommt der biologische Abstand. Alle militärischen Gesprächspartner sind jünger als wir, die meisten sogar deutlich. Wir schauen also nicht nur in eine Parallelgesellschaft, unser Blick schweift auch in einen Lebensabschnitt, der uns mittlerweile oft exotisch erscheint.

Einmal erzählt Mike Müller, mit einem Kniff ver- sehen, seine private Militärgeschichte. Das macht die subjektive Position klar, von welcher wir auf das Thema blicken. Auch die Videoausschnitte der Interviews, die wir oft zeigen, erinnern an den Riss zwischen Theater und Recherche. Im Vergleich sieht man, wie oder warum Mike Müller die jeweilige Figur überformt. Manchmal ist es aber auch umgekehrt: Die Realität überformt die Darstellung.

Ganz genau waren wir einzig an der Oberfläche:

Alles, was Mike Müller spielt, wurde einmal so gesagt, Versprecher eingeschlossen.

Und die TV-Clips aus den Jahren 1989 und folgende sind auch nicht nachgestellt. Doch die Montage, der Schnitt, der Tonfall: Wir denken, dass man das Material zur Kenntlichkeit verzerren muss. Wir spielen Ihnen etwas vor. Viel Vergnügen.

Premiere: Theater Neumarkt, 9. März 2013, Tobi Müller (Dramaturgie), Mike Müller (Spiel), Rafael Sanchez (Regie), Elvira Isenring (Video)

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